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MARIENKIRCHE HORBURG

2015/2016

Raumkonzeption zur lithurgisch – funktionellen Neuordnung des Kirchenraumes


Die evangelische Kirche Horburg mit ihrer eindrucksvollen Geschichte ist reich an wertvollen Kunstwerken unterschiedlicher Epochen.


Von dem ursprünglichen und grundlegend einheitlich gedachten und konzipierten Gesamtkunstwerk ist jedoch leider wenig zu sehen und die in der jüngeren Vergangenheit entstandenen Malereien mit ihren buntfarbigen Komplementärkontrasten verstärken den beunruhigenden Raumeindruck. Der heutige Zustand genügt in keinster Weise den lithurgischen, funktionalen, denkmalpflegerischen und atmosphärischen Anforderungen und es besteht durch die Eingriffe der vergangenen Jahrzehnte eine starke Dissonanz im Erleben des ursprünglichen Gestaltungswillens einer Kirche als Gesamtkunstwerk.


Gestörte Symmetrien, zergliedernde neuzeitliche Malereien, willkürliche Möblierungen, Abtrennungen, grobe Ergänzungen an Prinzipalstücken sowie funktionale Defizite sorgen für ein disparates Erscheinungsbild das keinen einheitlichen Gestaltungswillen mehr erkennen lässt und eine Wahrnehmung der Kirche als Gesamtkunstwerk und als Ganzes derzeit wenig erlebbar werden lässt.


Für die Menschen im Mittelalter galt die Welt ursprünglich als ein Kunstwerk Gottes. Sie war nach einem göttlichen Plan erdacht, war seine nach Maß, Zahl und Gewicht geordnete Schöpfung. In allem Sichtbaren erkannten die Menschen damals das Unsichtbare, den göttlichen Sinn. Mit Gott war das Licht auf die Welt gekommen, der Weg zu ihm führte ins Licht. Diesem Gott wollten die Menschen nahe sein, zu ihm beten und ihm Gotteshäuser errichten. Die Kirche ist ein Abbild des himmlischen Jerusalem und führt die Gläubigen zum göttlichen Licht.

„Der liturgische Weg in einer Kirche  beginnt im Westen, am Abend, am Ende der Welt und führt aus der Gefährdung und dem Untergang zum „Licht aus dem Osten“, zum himmlischen Jerusalem, zur Stadt Gottes aus lauterem Gold. Jeder Kirchenbau zeigt diese Hoffnung auf: Das Ziel ist die Herrlichkeit Gottes in der Stadt von zwölf Toren, in der kein Schmerz mehr sein wird, kein Tod und kein Leid (so in der Offenbarung des Johannes, Kapitel 21 und 22). So ist die Kirche und der Weg der Gläubigen nach Osten, in den Orient (daher unser Wort „orientieren“, ausrichten!), d.h. auf Jerusalem hin, des „großen Königs Stadt“ (vgl. Matthäus, Kapitel 5,35) ausgerichtet.“ /2/ Dr. Gerhard Begrich 24.04.2014 zum Gestaltungsentwurf der Kirche Cösitz


Dieser gedachte Weg ist baulich – räumlich auch in der Horburger Marienkirche noch erhalten, aber die gestalterische Umsetzung dieses geistigen Inhalt ist über die Jahre abhanden gekommen oder überformt worden, und präsentiert sich wenig angemessen und ist ebenso wenig erfahr- und erlebbar.


Die angestrebte Raumkonzeption baut daher auf diesem vorbeschriebenen lithurgischen Rahmen sowie auf dem Geheimnis der Symmetrie auf, die für die einen etwas Göttliches ist und nur Gott selbst vorbehalten, für die anderen wohlmöglich die Universalordnung der Welt darstellt und eine Kraft die alles beherrscht. Symmetrie sorgt für Gleichgewicht, ist dem Menschen immanent und sorgt u. a. auch für Wohlempfinden, so, wie fehlende Symmetrie Ursache für Disparität, Dissonanz und gewisses Unbehagen ist.




Das Durchschreiten der Kirche Horburg vom Eingang zum Licht des Altars soll wieder erlebbares Symbol dieses Weges zu Gott sowie harmonisches Raumerlebnis werden. Die wegbegleitenden mit Glas gestalteten, aus Holz geschnitzten und aus Stein gehauenen Bilder, Figuren, Sinnzeichen und Prinzipalstücke gottesdienstlicher Handlungen sollen in eine Neuordnung gebracht, so in den Vordergrund tretend diesen Weg wieder besser begleiten.



Folgende Maßnahmen werden zur Erreichung vorgenannten Zieles vorgeschlagen:


1.

Neuaufstellung der steinernen Horburger Madonna (1250) an der Südseite des Kirchenschiffes auf einer neuen Steinkonsole und Rahmung durch zwei neugestaltete Kirchenfenster des Künstlers Poensgen.


2.

Neuaufstellung der achteckigen Taufe am Eingangsportal und raumbildend in der Hauptachse des Kirchenraumes (Sie erinnert dort den Eintretenden an die errettende und Sünden vergebene Kraft der Taufe und wird gleichsam Umlenkpunkt des seitlichen Eintritts in die Kirche und Anfang des Weges beim Durchschreiten der Kirche).


3.

Freistellung des Altars mit Retabel durch Rückbau der seitlichen Abtrennungen und Sichtbarmachen der Fenster und des Lichtes (denn mit Gott war das Licht auf die Welt gekommen und der Weg zu ihm führt ins Licht) sowie der Symmetrien. Eine angemessene farbliche Harmonisierung des Altarblocks und der barocken Retabelarchitektur ist in der Folge zu entwickeln und herbeizuführen.


4.

Erweiterung der Zentralempore nach Osten und Einbau einer Winterkirche durch Einbau einer bodentiefen Verglasung i. V. m. Neuordnung der Willkürlichkeit der Stützkonstruktionen im EG und Freistellung des Portals zur Turmhalle sowie Neuaufstellung der Orgel auf der Empore in östliche Richtung zur Wahrung der inneren Westansicht (die funktionelle Glasabtrennung und die Winterkirche werden gleichsam zu verbindenden Elementen einzelnen Raumsequenzen (übriges Kirchenschiff mit Altarbereich einerseits und Turmportal und Turmhalle andererseits).

Die Ergänzung mittels zeitgemäßer Funktionseinheiten wie Teeküche und Toilette ermöglicht weitergehende kulturelle Nutzungen sowie die Betreuung der Besucher und  Pilgerer.


5.

angemessene Überarbeitung von Prinzipalstücken (Kanzel – Pfosten, Geländer, Brüstungsabschluss) und Ergänzung (Schalldeckel – als symmetrischer Gegenpol des Kruzifix)


6.

Erhaltung und Reduzierung der Bankreihen in Blockstellung als Element des historischen Raumbildes. Eine zusätzliche Einkürzung und die Schaffung von Beweglichkeit für flexible Nutzungen wird nicht empfohlen, wohl aber die Anschaffung einer passend induviduell gestalteten beweglichen Bestuhlung für kleinere gottesdienstliche Zusammenkünfte in Chorraum und Winterkirche sowie zur Ergänzung der Bankreihen bei größerer Veranstaltungen.


7.

Neuaufstellung eines beweglichen Ambo für gottesdienstliche Lesungen und Predigten gegenüber der Kanzel und unterhalb des an der Nordwand befindlichen Kruzifix in schlanker, stelenartiger Gestalt und gleichsam monumentaler bildhauerischer Auffassung (Holz in lebhaft transparenter bzw. durchbrochener Ausführung). Die Neugestaltung eines Osterleuchters sollte in gleicher Art und Ausführung erfolgen und sein Standort die symmetrische Ensemblebildung fördern.


8.

Verbleib der geschnitzten Relieffiguren des 15. Jh. an der Nordwand des Kirchenschiffes als weitere wegbegleitende Elemente.


9.

Neuaufstellung der kleineren geschnitzen Marienfigur (15. Jh.) an der Nordwand der Winterkirche gegenüber des 3. Schiffsüdfensters


10.

Raumachsenbildende und gliedernde Neugestaltung des flachgedeckten Kirchenschiffs in plastischer Art i. V. m. mit einer ruhigen und klarer zonierten farblichen Raumfassung (Wand, Decke, Empore, Orgel), die die barocken Ausstattungsstücke und bestehenden mittelalterlichen Bildwerke als wesentliche Komponenten des Kirchenraumes hervortreten und erlebbar werden lässt. Die in der Folge zu definierenden und zu erprobenden Farbigkeiten sollten sich durch Befundungen nachgewiesener überkommenen Farbigkeiten wie rötlich, altweiß, ziegelrot, warm grau orientieren.

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